Das Glück als Staatsziel, das Glück auf dem Fahrradsattel
Lhuntsi | Trashi
Yangtse |
Weiterfahrt nach Osten |
Der Morgen ist dampfig und Mongar liegt fast komplett in den Wolken. Für die 18 Kilometer bis zum mit Fähnchen behangenen Kora La in 2400 Meter Höhe benötige ich fast drei Stunden. Insgesamt sind es von Mongar bis Trashigang 90 Kilometer. Da die letzten zehn Kilometer dieser Distanz steil den Hang hoch gehen, vermute ich, dass ich das nicht bis zum Abend schaffen werde. Ich richte mich also wieder auf eine Zeltübernachtung ein und lasse mir dementsprechend viel Zeit mit der Abfahrt. Ohnehin ist diese wieder ziemlich steil, die Fahrbahn oft eng und sehr kurvig. Die ersten Kilometer geht es durch einen dichten und dunkelgrünen Wald, aus dem nicht nur tausende Vogelstimmen ertönen, sondern auch ein intensiver, feucht-torfiger Waldgeruch strömt. Auffällig in diesem Wald sind auch die vielen großen Baumfarne, die ich eigentlich eher aus Australien oder Neuseeland kenne.
Vor Tigern und Kragenbären wird zwar von Einheimischen stets gewarnt, aber dann kann mir auch niemand der Warnenden erzählen, wann es den letzten Zwischenfall zwischen Menschen und Großsäugern gegeben hat. In einer Höhe von etwa 1600 Metern komme ich aus dem Wald heraus. Irgendwo hinter dem Ort Yadi finde ich einen einsamen Bergbach und ein kleines grünes Fleckchen für mein Zelt. Die Sonne scheint direkt nach dem Aufgang auf mein Zelt und so bin ich schnell wieder draußen und nutze die morgendliche Frische und kühlen Temperaturen für die Weiterfahrt.
Es geht ja wieder in eines dieser Trockentäler und dort herrschen ganz andere Temperaturen, die mich schnell ausdörren lassen. So bin ich schon gegen 10 Uhr an der großen Brücke über den Drangme Chhu auf nur noch 708 Metern Höhe und gebe an dem Checkpoint der Immigration Police meine Reiseunterlagen ab.
Hier ist auch der Abzweig nach Trashi Yangtse, wohin es nur 44 Kilometer sind – laut Hinweisschild. Da will ich morgen hinradeln. Aber zuerst muss ich hoch nach Trashigang. Das sind mühsame und trocken-heiße zehn Kilometer, auf denen ich nur im ersten Gang vorankomme. Die Sonne knallt in den trockenen Hang, wo es so gut wie keinen Schatten gibt. Immer wieder muss ich anhalten und verschnaufen. Nach zwei Stunden bin ich im Ortskern der Kleinstadt und muss mir von einem Polizisten erklären lassen, dass es doch sehr wichtig sei, den Helm aufzusetzen. Bei Außentemperaturen von über 40 °C und einer steilen Fahrt hangaufwärts hört meiner Meinung nach die Helmtragepflicht auf.
Trashigang ist klein aber schön gebaut. Es sind wegen der steilen Hänge nicht so viele Bauplätze, sodass die Stadt sich auf einem kleinen Flecken konzentriert. Es gibt zwei Bäckereien, eine sogar mit einer Gartenterrasse, drei kleine lokale Hotels und viele Läden mit Haushaltswaren und Lebensmitteln. Eine große Schule, ein Gerichtsgebäude und eine Bank runden das Bild ab. Der Dzong liegt etwa 500 Meter unterhalb des Ortes auf einem Felsvorsprung. Momentan wird der Dzong komplett restauriert. Einige Wände sind abgerissen und müssen neu aufgebaut werden. Überall liegen Baumaterialien und Schutt. Zumindest der Haupttempel ist offen.
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Resümee
Bhutan ist ein Land mit sehr viel Wildnis, und doch war es eine Radtour durch eine äußerst kultivierte Landschaft, Lebensweise und Landesgeschichte.
Die tiefen Spuren, die der Buddhismus in diesem Land hinterlassen hat und die sich in alle Bereiche des Alltags und des spirituellen Lebens der Menschen festgesetzt haben, machen eine der ganz großen Faszinationen des Landes aus.
Die große Verehrung, die den beiden Königen zuteil wird und besonders die hoch gelobte weitsichtige Politik des vierten Königs halten das kleine Land nicht nur zusammen, sondern haben einen besondern Nationalstolz entstehen lassen.
Bhutan ist sicherlich nicht das Paradies oder das Shangri La, wo alle Menschen in glücklicher Harmonie miteinander und mit der belebten Natur im Einklang leben. Aber bei all den Ländern, die ich bisher bereist und intensiv betrachtet habe, kommt Bhutan diesem Ideal doch schon auf vielen Ebenen sehr nahe.